Zuger Zeitung 01.02.2024

«Über ein langsames Herantasten entsteht eine enge Beziehung mit den Tieren»

Am Montagnachmittag warteten die Bewohnerinnen und Bewohner der Stiftung Eichholz schon gespannt auf dem Vorplatz der Anlage, als Sonja Kaiser und Trix Gubser mit ihren Tieren für eine erste tiergestützte Intervention eintrafen. Es stand den Anwesenden ein aktiver und lehrreicher Nachmittag bevor. 

Schon seit der Kindheit hatten Kaiser und Gubser mit Tieren zu tun und arbeiten nun bereits ihr ganzes Leben mit diesen zusammen. An der Hochschule für Gesundheit in Freiburg absolvierten sie eine Ausbildung in tiergestützter Intervention und fassten gemeinsam die Idee, Tierbesuche für Institutionen anzubieten, um eine engere Beziehung zwischen Tier und Mensch zu schaffen. Sonja Kaiser hebt als Besitzerin der Einzelfirma Tier-Mensch-Begegnung die Annäherung und Interaktion mit den Tieren hervor. Tiergestützte Interventionen sollen mit dem Kontakt zu Tieren ein schönes und wertvolles Erlebnis für Personen schaffen und diese dabei positiv beeinflussen.

Bewegte Bekanntmachung mit den Tieren

In der Stiftung Eichholz leben Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen, die teils innerhalb der Anlage, teils ausserhalb arbeiten. Betreut werden die insgesamt 47 Personen von 45 Mitarbeitenden. Tier-Begegnungen eignen sich sehr für beeinträchtigte Personen, da sie positive Auswirkungen auf ihr Verhalten und ihre Lebensqualität haben können.

Gleich zu Beginn des Anlasses war Betreuerin Carmen Lebeda über die Anwesenheit der Bewohnerinnen und Bewohner erfreut. Es waren über den Anlass hinweg konstant 10 Teilnehmende. Diese warfen sofort interessierte Blicke auf die beiden Ziegen Emma Lotta und Sunny, sowie das Pony Buongiorno, allerdings noch aus sicherer Distanz. Die meisten schienen zunächst noch zurückhaltend und vorsichtig gegenüber den Tieren.

Um die Teilnehmenden aus ihren Sitzen zu holen, liessen Kaiser und Gubser zunächst einen kleinen Slalom- und Hürdenlauf aufbauen. Freiwillige durften die Tiere anschliessend durch den Slalomlauf hindurchführen, um sich mit ihnen vertraut zu machen. Schnell wurden die Teilnehmenden aktiver und kontaktfreudiger. Viele wollten mit den Tieren ein zweites Mal durch die Hindernisse.

«Uns ist es sehr wichtig, dass die Leute eine Beziehung zu den Tieren aufbauen können. Oft ist es ein langsames Herantasten, bis es zum Kontakt und einem gegenseitigen Verständnis kommt», erklärt Trix Gubser. Dieser Teil sei für sie das Interessanteste bei tiergestützten Interventionen. Mit der Führung durch die Hindernisse und mit dem einen oder anderen Leckerli konnten die Teilnehmenden diese erste Hürde schnell überwinden.

Gleichzeitig brachten die beiden Tierexpertinnen den Anwesenden Fakten zu den Tieren näher. «Wissen ist enorm wichtig, wenn es darum geht, ein Verständnis für die Tiere aufzubauen. Manche Menschen, die an unseren Angeboten teilnehmen, haben zuvor noch gar keinen Bezug zu Tieren», erläutert Trix Gubser. Sonja Kaiser sieht einen hohen Wert in der Unterhaltung: «Wir wollen den Teilnehmenden ein Erlebnis bieten, welches ihnen bleibt und eine positive Beziehung zu den Tieren schafft.»

Es geht auch sanft und respektvoll

Nach den Sprüngen durch den Hürdenlauf mussten sich die Ziegen verabschieden. Ihren Platz nahmen die beiden Alpakas Inox und Guapo ein, begleitet von Hündin Tala. Die beiden Alpakas haben gemäss Kaiser noch wenig Erfahrung mit grossen Menschengruppen und waren anfangs noch etwas zurückhaltend. Trotzdem durften die Bewohnerinnen und Bewohner der Stiftung sich langsam an diese herantasten und sogar ihr sanftes Fell streicheln.

«Uns ist es sehr wichtig, dass die Tiere zu nichts gezwungen werden. Was sie bei solchen Besuchen leisten, machen sie gerne», führt Gubser aus. Kaiser pflichtet bei: «Mensch und Tier sollen sich bei den Interventionen wohlfühlen.» Zu den Alpakas gab es von Sonja Kaiser einige spannende Fakten. Beispielsweise, dass Alpakas ganz einfach an der Form ihrer spitzen Ohren von Lamas zu unterscheiden sind.

Es folgte ein Durchgang durch den Slalomlauf und ein abschliessender Fütterungskreis in der Stiftungsanlage. Dies zur grossen Begeisterung der Teilnehmenden, die sich alle ein letztes Mal um die Alpakas scharten. Einige begleiteten die Tiere sogar bis zum Einladen in den Anhänger, wehmütig vor dem Abschied.

Die Zukunft für Tier und Mensch

Für Carmen Lebeda von der Stiftung Eichholz war der Einsatz ein voller Erfolg. Ein Tier hat gemäss ihren Ausführungen die Fähigkeit, bei Menschen aller Alters- und Hintergrundgruppen das Eis zu brechen. «Tiere schaffen nicht nur Nähe und Freude, sie schaffen auch schöne Erinnerungen und Neugier», beschreibt die Mitarbeitende der Stiftung, die dies bereits mit ihrem eigenen Hund bei den Bewohnerinnen und Bewohnern der Anlage beobachten konnte. Dieser bringe mit seiner frohen Art ebenfalls alle zum Strahlen. 

Sonja Kaiser und Trix Gubser erhoffen sich eine langfristige Partnerschaft mit der Stiftung Eichholz. Auch seien sie aktuell auf der Suche nach weiteren Institutionen, die gerne ein tierisches Angebot anbieten würden, dafür aber nicht die Infrastruktur oder die Ressourcen besitzen. Der Einsatz in der Stiftung Eichholz ist ihr erster und bisher einziger Auftrag, die beiden seien aber optimistisch für die Zukunft und wünschen sich, mit ihrem Projekt «Mobile Tiergestützte Interventionen» weitere Menschen bei respektvollen Tier-Mensch-Begegnungen zu begleiten.

Fotos: Raphael Ritler